Das war die Fachtagung 2022…

„Tabus in der psychosozialen Versorgung“ – das war das Thema der pro mente Austria Fachtagung, die am 17.03.2022 im Congress Innsbruck stattfand. Tabus sind die gläserne Decke einer Gesellschaft. Wer sie durchbricht erntet betretenes Schweigen, entsetzte Blicke, höhnisches Lachen, Diskriminierung. Tabubrüche führen nicht selten zu Ausgrenzung. Die pro mente Austria Fachtagung rückte die Frage in den Fokus, wie wir über Entstigmatisierung hinaus mit dem weiten Feld der Tabus und deren Kumulation in der psychosozialen Versorgung umgehen.

Mit ca. 350 Teilnehmer*innen aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich, Betroffenen und vielen Mitarbeiter*innen von pro mente Austria Mitgliedsorganisationen konnten die Themen in Impulsvorträgen, Workshops und im Networking erörtert werden. Wir freuen uns ganz besonders, dass unsere Tagung in Präsenz stattfinden konnte und viele die Möglichkeit des persönlichen Austausches vor Ort genutzt haben.

Als Ehrengast nahm Frau LRⁱⁿ DIⁱⁿ Gabriele Fischer an der Tagung teil. Musikalisch wurde der Tag von der CeDe-Band umrahmt.

Als Keynote-Speaker entführte Dr. Manfred Lütz mit seinem humorvollen Vortrag „Neue Irre! Wir behandeln die Falschen“ in die Welt der Demenzkranken, Schizophrenen und Depressiven und bot neue Sichtweisen im Kontext psychischer Erkrankungen.

Einen ebenfalls unterhaltsamen Programmpunkt bot Ingo Vogl mit seinem Kabarett „G´sundheit aus der Voglperspektive“, in dem er Bezug auf das Tagungsthema und die vorangegangenen Vorträge nahm. Seine Botschaft: schwierige Themen lassen sich oft leichter besprechen, wenn man gemeinsam darüber lacht.

Dem Thema „Doppeltes Tabu: suchtbetroffene Mitarbeiter*innen im psychosozialen Kontext“ widmete sich Univ.Doz.Dr. Martin Kurz sowohl in seinem Vortrag im Plenum als auch im Workshop am Nachmittag. Er begab sich auf die Suche nach Gründen für und Lösungsansätzen von Stigmatisierungs- und Tabuisierungstendenzen rund um das Thema Sucht.

Das Tabuthema Sexualität wurde von Prof.Dr. Johann Kinzl aufgegriffen und gefragt, wo sind die „Grenzen zwischen normaler und abweichender Sexualität“. Die Sexualmoral in unserer modernen westlichen Welt ist einem starken Wandel unterworfen, ein Blick darauf, was als abweichend gilt, wurde im Vortrag und Workshop gemacht.

Univ.Prof.DDr. Nikolaus Dimmel warf einen wirtschaftlichen Blick auf das Thema mit seinem Vortrag: „Sozialwirtschaft. Handlungsanleitung zur Überwindung einer deprimierenden Verstimmung“. Die Sozialwirtschaft agiert verstärkt wirtschaftlich statt sozialpolitisch und muss ihre Rolle als „Agenda-Setter“ wiederfinden.

„Endlich sagt´s mal jemand“. Das ist die wohl häufigste Reaktion, wenn Dominique de Marné über ihre eigene psychische Gesundheit und den gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema spricht. In ihrem Vortrag ging sie der Frage nach, warum ein offener Umgang mit dem Thema gerade in der psychosozialen Versorgung von enorm großer Bedeutung ist.

In zwei weiteren Workshops wurden die Themen „Professionelle Nähe und professionelle Distanz – Herausforderungen einer partizipativen Begleitung“ von MMag. Markus Walpoth und „Tabu Diagnose. Gibt es neue Wege? Zuverlässigkeit und Nutzen von Diagnosesystemen“ von Dr. Georg Spiel, Mag. Karoline Rettl und Mag. Markus Schwab erörtert.

Der Österreichische Preis der Sozialpsychiatrie wurde in der Kategorie „Innovation“ an Frau Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Michaela Amering verliehen.

Für besondere Leistungen in der Zeit der Corona-Pandemie wurde ein Sonderpreis an alle Mitarbeiter*innen der pro mente Austria-Mitgliedsorganisationen vergeben. Ein herzliches Dankeschön für den tollen Einsatz in diesen herausfordernden Zeiten! Stellvertretend wurde der Preis von einem Mitarbeiter von pro mente Tirol entgegengenommen.