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Pressekonferenz vom 26.11.2019 zum Thema "Psychische Erkrankungen in Österreich unzureichend versorgt"

Experten warnen: Psychische Erkrankungen in Österreich unzureichend versorgt

pro mente Austria präsentiert Lösungspapier und fordert grundsätzliches Umdenken bei der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen

Wien, 26. November 2019 – Um die psychische Gesundheit der ÖsterreicherInnen ist es nicht gut bestellt: Jeder dritte Erwachsene und jede/r vierte Jugendliche leidet an einer psychischen Erkrankung. Ungenügende Präventions- und Frühmaßnahmen, erhebliche Zeitverzögerungen und Versorgungslücken hinsichtlich der Therapie sowie das Fehlen österreichweit einheitlicher Standards in der Sozialpsychiatrie führen dazu, dass hierzulande „Erkrankungen der Seele“ nicht oder nur unzureichend versorgt werden. Dies führt neben dem persönlichen Leid häufig auch zu eingeschränkter Arbeitsfähigkeit, Jobverlust und existenziellen Problemen.

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Dr. Günter Klug, Präsident von pro mente Austria

Psychische Erkrankungen in Österreich unzureichend versorgt

Notwendige Maßnahmen für den Bereich der Gesundheitsversorgung in Österreich

Psychische Erkrankungen und ihre Folgen zählen zu den Leiden mit den höchsten Kosten und stärksten Verlusten an Lebenszeit. In Österreich sind sie weit verbreitet: Jede/r dritte Erwachsene und jede/r vierte Jugendliche leidet daran. Psychische Erkrankungen sind hierzulande die häufigste Ursache von Neuzugängen in die Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension. Auch hat sich seit 1990 die Zahl der Krankenstandstage
aufgrund von psychischen Erkrankungen fast verdreifacht. Bis 2030 werden sich die Kosten für psychische Erkrankungen mindestens verdoppeln. Beim Mental Health Index der OECD ist Österreich Schlusslicht, und die Suizidrate liegt deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Diese Fakten zeichnen ein erschreckendes Bild davon, wie es um die seelische Gesundheit der Menschen in Österreich bestellt ist.

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MMag. Gernot Koren MAS, Vizepräsident von pro mente Austria

Schluss mit dem Bundesländer-Fleckerlteppich in der Sozialpsychiatrie!

Eigenes Staatssekretariat und einheitliches Gesetz zugunsten der Menschen gefordert

„Das Recht auf Gesundheit ist ein Menschenrecht. Und da es nur eine Gesundheit gibt, umfasst dieses Recht sowohl das Recht auf körperliche als auch auf psychische Gesundheit“, betonte der gelernte Jurist MMag. Gernot Koren MAS, Vizepräsident von pro mente Austria und Geschäftsführer von pro mente Oberösterreich. Ebenso wie es eine aus diesem Recht abgeleitete „Selbstverständlichkeit ist, die Versorgung der unterschiedlichsten körperlichen Erkrankungen in der jeweils entsprechenden Form zu gewährleisten, muss dasselbe auch für die psychische Gesundheit gelten“, so Koren. Es braucht also auch für die Versorgung psychischer Erkrankungen ein Netz von Behandlung, Beratung, Betreuung, Begleitung und Versorgung. Koren unterstrich: „Die Menschen haben ein ausgewiesenes Recht auf adäquate Behandlung, auch bei psychischen Erkrankungen. Und dies nach modernsten Erkenntnissen.“

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Gastreferent Dr. Thomas Leoni, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO)

Arbeitsmarkt und psychische Gesundheit

Psychische Erkrankungen sind eine große Hürde am Arbeitsmarkt

Psychisch bedingte Krankenstände nur Spitze des Eisbergs Unabhängig von Alter, Geschlecht und Erwerbsstatus spielen psychische Gesundheitsprobleme als diagnostizierte Ursachen von Krankenständen heute eine viel bedeutendere Rolle als vor fünfzehn oder zwanzig Jahren. Die psychisch bedingten Krankenstandstage sind seit den 1990-er Jahren deutlich gestiegen. Ihr Anteil an den Krankenstandsfällen (2,5%) und an den Krankenstandstagen (etwas weniger als 10%) ist zwar nach wie vor vergleichsweise gering. Die tatsächliche Bedeutung der psychischen Erkrankungen für das gesundheitliche Wohlbefinden der Erwerbsbevölkerung lässt sich jedoch nur teilweise aus den Krankenstandszahlen ablesen. „Epidemiologische Studien legen nahe, dass psychische Gesundheitsprobleme in der Erwerbsbevölkerung viel stärker verbreitet sind, als es die Statistik der Krankenstände erkennen lässt“, so Dr. Thomas Leoni vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO), dessen Forschungsschwerpunkt auf den Bereichen Arbeitsmarkt, Einkommen und soziale Sicherheit liegt. „Zahlreiche Krankenstände, die eigentlich eine psychische Ursache haben, dürften aufgrund ihrer Symptomatik bei der Diagnoseerfassung anderen Krankheitsgruppen zugeschrieben werden. Wahrscheinlich führt auch die Stigmatisierung, die nach wie vor mit psychischen Leiden einhergeht, dazu, dass wir in den Krankenstandszahlen nur die Spitze des Eisbergs sehen“, vermutete Leoni.

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